Was ist Nachhaltigkeit?
"Schlage nur so viel Holz ein, wie der Wald verkraften kann! So viel Holz, wie nachwachsen kann!“
Hans-Karl von Carlowitz schrieb diesen Satz 1713 in seinem Buch über die Ökonomie der Waldkultur "Silvicultura oeconomica“
- Das ist Nachhaltigkeit!
Zukünftige Generationen sollen dieselben Chancen auf ein erfülltes Leben haben wie wir. Alle heute lebenden Menschen sollen dieselben Chancen auf ein erfülltes Leben erhalten, weshalb wir die Ressourcen und Möglichkeiten für alle Menschen auf der Erde fairer verteilen müssen. Nachhaltige Entwicklung verbindet wirtschaftlichen Fortschritt mit sozialer Gerechtigkeit und dem Schutz der Umwelt
Auf dem Kinder- und Jugendbauernhof Kassel wollen wir Kindern und Jugendlichen nachhaltiges Denken und Handeln vermitteln, im Sinne einer Bildung zur nachhaltigen Entwicklung. Durch die Möglichkeit in allen Bereichen selbständig mitzuwirken, können die Kinder und Jugendlichen nachhaltige Strategien im Sinne des Leitgedankens der Agenda 21 'global denken - lokal handeln' ganz selbstverständlich erfahren, in dem ein Bewusstsein geschaffen wird, dass Jeder und Jede etwas tun kann, unsere Umwelt zu erhalten und die Lebensbedingungen hier und in anderen Ländern zu verbessern.
Dafür bedarf es aber praktisch greif- und erfahrbarer Elemente. So ist z.B. ein Teil des Konzeptes, dass das im Garten angebaute Obst und Gemüse gemeinsam geerntet und verarbeitet wird.Hier werden die Kreisläufe in der Natur und in der Landwirtschaft für Kinder und Jugendliche offensichtlich, der Einfluss unseres Konsums nachvollziehbar und das Bewustsein der Verantwortung geschult.
Den Kindern wird bewusst, dass die Natur uns überall
umgibt, überall Leben existiert und das sie schützenswert ist. Sie erfahren auch wie abhängig wir von einer intakten Umwelt sind und welchen Beitrag jeder Einzelne im Kleinen für eine
Verbesserung tun kann.
Sie lernen den Wert von Nahrungsmitteln kennen und schätzen. Selbst angebautes Gemüse vermittelt den Wert von gesunder Ernährung auf ganz anschauliche und
kindgerechte Weise.
Sie erfahren demokratische Prozesse als Teil ihrer eigenen Lebenswelt und begreifen sich als Teil einer demokratischen Gesellschaft, in der sie auch Einfluss nehmen können.
Durch das selbstverständliche Miteinander der verschiedenen kulturellen Hintergründe der Kinder so wie der beteiligten Erwachsenen ist Integration hier eine
Selbstverständlichkeit, das Miteinander wird als Bereicherung nicht als Distanzierung erfahren.
Bewusstseinsbildung:
- Demokratieerleben und erfahren
- Zusammenhänge (ökologisch, sozial, ökonomisch) begreifen
- Kontakt und Austausch unterschiedlicher Kulturen (Kultursensibilität)
- Bewusstsein über die eigene Rolle und Verantwortung innerhalb der Umwelt-Kreisläufe und der Gesellschaft
- Kultursensible Arbeit
- Gesunde, auf dem Hof vegetarische Ernährung und den Wert von gemeinsamer Esskultur (häufig im Gegensatz zu familiären Situationen) entdecken und als eigene (positive) Erfahrung verinnerlichen
Verhaltensänderung:
- Spielen im Freien (selbstbestimmt, eigenverantwortlich, u.a. auch mit Naturmaterialien und in einer naturnahen Umgebung)
- Realer Kontakt zu anderen Kindern und Jugendlichen ausgleichend zu virtuellen Welten
- Reale Verantwortung für Tiere ausgleichend zu virtuellen Welten
- Erfahren, dass man respektiert wird und anderen dadurch ebenfalls Respekt entgegenbringen zu können
- Die Erfahrung, ernst genommen und als eigenständiges Individuum mit eigenen Wünschen und Bedürfnissen wahrgenommen zu werden und aktiv an (Veränderungs-)Prozessen partizipieren zu können (und vor allem zu dürfen!)
Nachhaltigkeit:
- Soziale Nachhaltigkeit: „gemeinsam statt einsam“ – für mehr Miteinander im Stadtteil. Dies gilt für die Kinder und Jugendlichen als auch innerhalb der Vernetzung im Stadtteil
- Identitätsförderung: „mein Spielraum“, „ich kann was“, „ich werde gefragt“, „meine Meinung ist wichtig“, „ich kann mich einbringen“
- Verantwortungsbewusstsein
- Ökologische Nachhaltigkeit: Umweltbewusstsein
- Natürliche Kreisläufe be-greifen
- Miterleben natürlicher Zusammenhänge
- Ökonomische Nachhaltigkeit: Ressourcenschonender Umgang, globale Zusammenhänge verstehen
- Regionaler Bezug von Lebensmitteln + Transparenz von Transport
Mindestens einmal pro Woche kochen und essen wir im Rahmen des offenen Angebotes zusammen mit den Kindern und Jugendlichen. Der Wert von gutem und gesundem Essen, niedrigschwelligen Verfahren der Mitbestimmung und dem einhergehenden sozialem Miteinander wird so ganz selbstverständlich ermöglicht und vermittelt. In den Sommermonaten wird in der Hauptsache das gemeinsam auf den Hof angebaute Obst und Gemüse verarbeitet. Nicht verwendbare Pflanzenteile werden an die Hoftiere verfüttert, ein verantwortungsbewusster und sparsamer Umgang mit der Ressource Nahrung ist selbstverständlich. Die Kinder und Jugendlichen lernen auf natürliche Weise Nahrung als etwas Kostbares zu schätzen. Das Kochangebot besteht das ganze Jahr, so dass auch in den „gemüsearmen“ Monaten gemeinsam gekocht und gegessen wird. Hierbei ist es von besonderer Bedeutung, dass auch die Herkunft zugekaufter Lebensmittel und die politische Verantwortung, die durch unseren alltäglichen Konsum entsteht thematisiert wird. Transportwege werden transparenter und die damit verbundene Verantwortung schon beim Einkaufen sichtbarer: Woher stammen die Tomaten im November, wo auf dem Hof alles längst abgestorben ist und wer hat den Kakao geerntet, den wir an kalten Wintertagen trinken? Hier wird auch die globale Ebene unserer Lebensmittel verdeutlicht: Wir gehen in Gesprächen auf die nachhaltige Produktion von Lebensmitteln in anderen Ländern ein. Hier steht besonders der Erwerb fair gehandelter Produkte im Vordergrund: Wenn der Kakao-Bauer gerecht bezahlt wird, können seine Kinder zur Schule gehen und müssen nicht mitarbeiten. Anhand von altersgemäßen Bespielen verstehen die Kinder hier ihre Verantwortung für andere Menschen, die sie nie kennen lernen werden, deren Lebensbedingungen sie aber nachhaltig (und großteils noch unbewusst) mitgestalten.
Die Tiere auf dem Kinder- und Jugendbauernhof haben eine zentrale Bedeutung beim Erlernen von Verantwortung und
Nachhaltigkeit. Geburt und Tod sind allgegenwärtig, das Thema „Fleisch essen“ und die damit verbundenen Konsequenzen im Konsumverhalten werden häufig von den Kindern selber zum Thema der
angeregten Diskussionen gemacht. Auf dem Hof kochen wir ausschließlich vegetarisch.
Unsere Honigbienen haben eine besondere Stellung. Den Kindern kann ganz anschaulich der ökologische Zusammenhang in der Natur vermittelt werden, ohne bestäubende Insekten im Allgemeinen und Wild- und Honigbienen im Besonderen gäbe es kein Obst. Auch viele Gemüsearten sind von der Bestäubung durch Insekten abhängig bis hin zu Feldfrüchten, die von der Industrie genutzt werden. Hier ist der Raps ein für Kinder sehr gutes und anschauliches Beispiel (und ganz nebenher einer der wichtigsten Nektarspender für ihren Honig auf dem Brot).
Der Konflikt, Nahrungsmittel oder Energiepflanzen, die nachhaltige Nutzung der begrenzten Ressource „Boden“ ist so auch schon für Grundschulkinder vermittelbar und die Diskussion wird von ihnen mit großer Empathie geführt.